Prolog

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1. Tag:
Ankunft

2. Tag:
Las Vegas

3. Tag:
Northshore Drive, Valley of Fire, Little Finland

4. Tag:
Cliff Dwellers, Paria Canyon

5. Tag:
North Coyote Buttes - "The Wave"

6. Tag:
Wahweap Hoodoos, Cottonwood Canyon Road, Kodachrome Basin State Park

7. Tag:
Hole in the Rock Road, Sunset Arch, Devils Garden

8. Tag:
Lower Calf Creek Falls, Burr Trail, Burr Point

9. Tag:
Cathedral Valley, Little Egypt

10. Tag:
San Rafael Swell: Temple Mountain Trail, Reds Canyon Loop

11. Tag:
Crystal Geyser, San Rafael Swell: Wedge Overlook

12. Tag:
Fahrt nach Cedar City, Old Irontown Ruins

13. Tag:
Ghost Town Frisco, Great Basin NP, Ward Charcoal Ovens State Historic Park

14. Tag:
Ghost Towns: Belmont, Manhattan, Goldfield, Gold Point

15. Tag:
Gold Point, Death Valley

16. Tag:
Death Valley, Amargosa Opera House & Hotel

17. Tag:
Las Vegas

18. Tag:
Las Vegas

19. Tag:
Rückflug

 

 

14. Tag:

Samstag, 19. Mai 2007

"Beim Sheriff"

Um 6 Uhr riss mich das Weckerbimmeln aus dem Tiefschlaf.

Ich hätte sicherlich noch eine ganz Weile geschlafen, aber ich wollte schnell aus Ely weg, bevor ich evtl. durch irgendwas vom Rennen beeinträchtigt werden würde. Nicht, dass dann irgendwelche Straßensperren kommen. 

Daher fix ins Bad, Zeug zusammenpacken, Auto beladen und wech.
Blacky bekam sein Frühstück, die Kühbox frisches Eis und ich einen großen Kaffee. Ich nahm mir noch eine Cinnamonroll mit, die ich dann unterwegs frühstücken wollte. 

Die Fahrt über den Hwy 6 ist total eintönig: Man fährt ca. 20 Meilen geradeaus, dann kommt eine Linkskurve, dann wieder 20 Meilen geradeaus, Kurve..  Ach ja und zwei- oder dreimal muss man eine kleine Hügelkette überqueren, da kommen dann mal ein paar Kurven hintereinander. Das wars dann aber auch schon. Auch landschaftlich bietet diese Strecke absolut gar nichts .
Fand ich es gestern faszinierend, große Täler zu kreuzen, heute fuhr ich in einem  entlang, rechts und links sah man in der Ferne eine Hügelkette.
Ich weiß nicht, wie ich diese Strecke ohne Tempomat durchgehalten hätte. 70 mph waren erlaubt, also stellte ich dem Tempomat auf 71,5 mph . 

Nur hatte ich dadurch noch weniger zu tun. Wenn das Auto jetzt noch die Straße und evtl. Hindernisse von alleine erkannt hätte, hätte ich mir mein Buch rausgeholt. So probierte ich zwischendurch mal mit den Knien zu lenken, das wurde aber schnell anstrengend, denn dann hatte ich die Füße nicht mehr auf dem Boden.
Zwischendurch frühstückte ich nebenbei meine Cinnamonroll, was aber ohne Besteck ziemlich schwierig war, denn ich hatte die Finger sofort bis zur Hälfte voll mit der klebrigen Creme. Nachdem ich knapp die Hälfte verspeist hatte, war ich der Meinung, dass mir schlecht wird, wenn ich auch nur noch einen Bissen davon nehme. Mein Zuckerbedarf für die nächsten 4 Wochen war jetzt locker gedeckt. 

Nach zwei endlosen Stunden erreichte ich den Abzweig auf die SR 367 und ca. 10 Meilen später bog ich auf die SR 82 ab, denn an dieser befindet sich die Ghost Town Belmont. Sofort war ich wieder hellwach und neugierig darauf, was mich dort erwartet. Schon einige Meilen vorher sah ich den kleinen Ort, der sich wie fast alle Ghost Towns an einen Berghang schmiegt. Belmont ist keine richtige Ghost Town, denn es leben noch Leute dort. In der Nähe des Courthouse war ein Parkplatz, dort durfte sich Blacky ausruhen. Ich ging erst zum Courthouse, dummerweise sind da jetzt zwei so dämliche Schilder genau vor der Schokoladenseite, die waren wirklich störend .  Wegen Renovierungsarbeiten konnte man nicht rein, aber egal. Dann ging ich den kleinen Hügel nebenan hoch und dort standen einige der netten alten Häuschen

Als ich in die nächste Straße einbog, sah ich weitere schöne Motive, aber dort traute ich mich nicht hin, denn diese wurden zum Teil noch als Garage oder Lagerhaus benutzt und es standen Autos oder irgendwelches Zeug davor.

Die Türe zum Saloon stand offen, ich wollte zwar nix trinken, aber gucken. Es war nett eingerichtet, wie ein kleines Zwei-Zimmer-Museum mit viel Zeug aus der damaligen Zeit. Die Chefin kam, wir plauderten ein Weilchen und ich fragte sie nach der Verbindungsstraße zur Ghost Town Manhattan, denn nach Manhattan wollte ich sowieso und ich hatte auf der Herfahrt gesehen, dass es einige Meilen vor Belmont eine Verbindungsstraße gibt.

Sie meinte, es wäre zwar eine Dirt Road, aber normalerweise in sehr gutem Zustand.
Na, da wollen wir doch mal gucken .

So war es auch. Die Strecke war eine 1 A Dirt Road und ich sparte mir somit viele Meilen, als wenn ich erst zurück zur Kreuzung und dann nach Manhattan gefahren wäre.

In Manhattan traute ich mich gar nicht anzuhalten, denn Manhattan ist ebenfalls eine noch bewohnte Ghost Town.

Entlang der Hauptstraße standen eher neuere Häuser und die schnuckeligen alten Häuschen waren dahinter, gehörten aber irgendwie immer zu den neuen Häusern dazu. Das wäre wieder so gewesen, wenn ich den Leuten direkt ins Küchenfenster geglotzt hätte .

Dafür hielt ich kurz hinter Manhattan, denn dort war das ehemalige Minengelände und so machte ich halt dort ein paar Bilder.

Kurz vor 13 Uhr war ich in Tonopah, dort tankte ich noch mal und ging zum Automaten, um Geld zu holen, denn die nächste Übernachtung würde ich der Einfachheit halber in bar bezahlen. Nach weiteren ca. 27 Meilen erreichte ich Goldfield. Dort hatte ich ja letztes Jahr auch schon einen Stopp gemacht und da ich verdammt gut in der Zeit lag, machte ich dies auch heute. Außerdem hatte ich in der Ferne die nette Szenerie des ehemaligen Minen Districts gesehen und das machte neugierig auf mehr.

Ich ging auf eine Coke in den Museum Club und kam mit der Angestellten gleich ins Gespräch. Touristen kriegen sie dort wohl nach wie vor nur wenige zu sehen, obwohl der Highway direkt durch den Ort führt. Ich fragte sie, ob es möglich und erlaubt ist, an das ehemalige Minengelände ran zu fahren, um ein paar Bilder zu machen. Sie erkundigte sich gleich bei den Einheimischen, die an der Bar saßen und winkte mich herüber. Ich erhielt bereitwillig Auskunft, wo ich am besten entlang fahren könne und welche Gegenden ich wegen Minenschächten etc. meiden soll.

Zurück an meinem Tisch, trank ich meine Cola aus und machte ein paar Notizen für meinen Reisebericht. Die Bedienung kam gleich ganz aufgeregt zu mir und fragte mich, ob ich ein Reporter sei .  Man spürte förmlich ihre Hoffnung, dass Goldfield in einem Artikel erwähnt wird und die Stadt so vielleicht einen kleinen touristischen Aufschwung erhält. Ich musste verneinen und erzählte, dass ich für mich privat ein Reisetagebuch führe. Dies fand sie aber auch sehr interessant und wollte wissen, wie meine bisherige Tour verlaufen ist.

Anschließend machte ich mich auf den Weg in das Minengelände, wo ich gemütlich die Schottersträßchen zwischen den einzelnen Minen entlang fuhr.

Es war unheimlich warm, die Luft war staubig und ich hatte nur noch ein paar Meilen zu fahren, bevor ich an meinem heutigen Tagesziel ankommen würde. Da konnte ich dem Winken des Budwiser Schildes nicht widerstehen und machte noch eine Pause im örtlichen Saloon. Die Angestellte dort fühlte sich durch mein Eindringen wohl beim Lösen ihres Kreuzworträtsels gestört, denn ich bekam mein Bud regelrecht vor mich hingeknallt und sie bellte mir den Preis entgegen 
Ich verhielt mich mucksmäuschenstill und schrieb halt an meinen Notizen weiter. Punkt 15 Uhr machte ich mich dann auf den Weg nach Gold Point.

Letztes Jahr war mein Besuch in Gold Point sehr kurz ausgefallen, da mein Auto dort das Rumspinnen anfing und ich mich dann so fürchterlich vor einer Parabolantenne erschrocken habe. Bzw. nicht direkt vor der Antenne, die hatte ich gar nicht gesehen, aber ich strolchte dort damals gerade zwischen den Häuschen rum, als aus einem laute Fernsehgeräusche kamen und ich wieder das Gefühl hatte, bei jemandem direkt im Wohnzimmer zu stehen.
Außerdem waren meine damaligen Vorbereitungen nicht gründlich genug gewesen, denn kurz nach meiner Rückkehr erfuhr ich durch einen lieben Freund aus dem USA-Forum, dass man in Gold Point sogar übernachten kann.
Was hatte ich da nicht alles verpasst 
Das schrie ja förmlich nach einer Wiederholung .

Vom Hwy 95 bog ich auf die SR 266 ab. Ein paar Meilen weiter kommt auf der linken Seite, kurz bevor man auf die SR 71 abbiegt, eine große Fläche, auf der nun ein Schild steht, welches auf Gold Point aufmerksam macht und einen kurzen Abriss zur Geschichte dieser Ghost Town gibt. Die Straße nach Gold Point führt ab hier kerzengerade den Hügel hinauf und obwohl es von dort aus noch acht Meilen sind, kann man den Ort in der Ferne bereits erkennen.

Oben angekommen fuhr ich erstmal zum Saloon, denn ich hatte keine Ahnung, wo ich Herb und Sandy, alias Sheriff Stone und Red Dog Lil, finden sollte. Die beiden haben nämlich einige der alten Miner Cabins restauriert und vermieten sie nun als Unterkunft. Ich war sehr, sehr neugierig.

Im Saloon saßen einige Männer und ich fragte nach Herb. Sie erklärten mir den Weg und beschrieben mir noch das Auto von Herb. Also dann mal los. Kaum war ich dort angekommen, sprang ein Mann aus dem Auto und rief "Silkiiii" . - ich zuckte innerlich zusammen und bedankte mich in Gedanken mal wieder bei meinen Eltern für einen Namen, den in den USA kaum jemand richtig ausspricht bzw. aussprechen kann. 

Es war Herb und er zeigte mir gleich mein Zimmer: Den General Store 

Nachdem ich fast in die Miners Cabin reinflog, weil ich eine kleine Stufe übersehen hatte , war ich sofort total begeistert. Winzig! Das war aber klar. Egal, mir gefiel auf Anhieb, wie liebevoll die Cabin eingerichtet ist: Ein kuscheliges Bett, ein Tisch und zwei Stühle, ein Sideboard und ein alter Schminktisch, mit einem Stuhl davor. Der Spiegel war schon halb blind, aber dies gab dem allen eine besondere Note.

Fließend Wasser gab es keines, das wusste ich schon vorher, aber in einem kleinen Raum war eine Camping Toilette, falls man nachts halt doch mal musste. Da die Cabins sich aber eh alle beim Haus von Herb und Sandy befinden, ist man darauf aber nicht angewiesen, denn das Benutzen deren Badezimmers ist selbstverständlich gestattet.
Ich war jedenfalls gleich total verliebt in meine schnuckelige Cabin

Auf meiner Veranda machte ich dann noch ein Päuschen, bevor ich mich auf einen Streifzug durch Gold Point begab. Da ich jetzt offiziell hier war, machte alles viel mehr Spaß als letztes Jahr, als ich quasi heimlich durch die Ghost Town schlich.

Gegen 17 Uhr begab ich mich dann in den Saloon, dort lernte ich Sandy kennen, die mich ebenfalls gleich herzlich begrüßte. Gold Point war ganz gut besucht, da es Samstag war. Die Cabins waren alle belegt und auch einige Wohnmobile standen auf einem speziellen Platz. Ein Vater verbrachte ein Wochenende mit seinen fünf Söhnen in Gold Point, ein Enkelsohn im Tenniealter war auch noch mit dabei. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich somit alle männlichen Angehörigen des Walt-Clans kennengelernt und befand mich mitten in einem angeregten Gespräch.

Bis auf den Vater und den Enkel waren die anderen schon mehrfach in Gold Point gewesen, ich erhielt Infos zur Geschichte des Ortes und sie erzählten mir, was sie im Back Country dort alles schon erlebt haben. Von mir wollten sie wissen, was mich nach Gold Point verschlägt, was ich überhaupt in den USA mache usw. Die Zeit verging wie im Fluge.

Dann war es auch schon Zeit zum Abendessen. Herb hatte Steaks gegrillt, Sandy schleppte die Maiskolben, Cole Slaw, gebackene Kartoffeln mit Sauerrahm und Brötchen an. Es war total lecker.

Für die "Touris" wurde dann eine Art Theaterstück aufgeführt, der amerikanische Durchschnitts-Touri scheint so was einfach zu erwarten , wie mir Herb zuflüsterte. Die Camper waren hellauf begeistert, der Walt-Clan sah verstohlen auf die Uhr. Ich auch, denn wir wollten zum Sunset in die Berge.

Schon vor dem Essen erzählten mir zwei der Söhne, dass sie gestern Abend auf den  "Hausberg" gefahren sind, der gleich hinter Gold Point liegt, und man von dort aus einen schönen Blick auf den Abendhimmel hat. Kaum waren also die Touris verarztet und hatten ihre Aufführung bekommen, riefen sie mich, damit ich mitfahren kann.
Also stieg ich zu den vier Männern ins Auto, die ich gerade mal 3 Stunden lang kannte. 
Und das mitten in der Pampa, in einer Ghost Town.
Leichtsinnig?
Neee, ich denke nicht.
Schon vorher hatte ich mitbekommen, dass sie Herb und Sandy schon länger kennen und schon oft in Gold Point waren. Dies schuf Vertrauen. Als ich sah, dass der Clan-Papa auch einstieg, da war dann auch der kleinste Zweifel beseitigt. Wir fuhren also auf den Haushügel hoch, die Strecke war steil und unwegsam, aber das Auto kippte nicht um. Ok, vom Sunset her war es nix tolles, aber dafür hatte man einen wunderbaren Blick auf die alte Mine und auf Gold Point selbst. Super!

Zurück im Ort ging ich mit Sandy zu deren Haus. (Dies war übrigens genau das, wo ich vor einem Jahr wegen der Fernsehgeräusche weggerannt bin.) Sie zeigte mir, wo ich im Badezimmer Handtücher etc. finde und dann ging ich noch auf einen Schlummertrunk zurück zum Saloon. Dort saß noch der harte Kern und seltsamer Weise gehöre ich bei so was immer mit dazu. Die Camper hatten sich längst beim Stellplatz vorm Campfire versammelt und insgeheim wunderte ich mich, dass Herb in Gold Point offenes Feuer toleriert. Nicht auszudenken, was da passieren kann.
Nach einem Bud und zwei "Shots" sagte ich um 22 Uhr gute Nacht. Auf den 200 bis 300 m zu meiner Cabin musste ich vor mich hingrinsen: Da lief ich nun mitten in der Nacht durch eine Ghost Town, keine Straßenlaternen, rings herum die Silhouetten der alten Häuser, nur das Mondlicht leuchtete mir den Weg. Und mir war kein bisschen gruselig. Im Gegenteil, es war einmalig schön

Nach einer erfrischenden Dusche saß ich in meiner Cabin am Frisiertisch und kämmte mir die Haare. Dabei kam ich mir vor wie Claudia Cardinale in "Spiel mir das Lied vom Tod" 

Mit meinem Buch setzte ich mich dann noch ein Weilchen auf meine Veranda und genoss die Ghost Town Atmosphäre. 

Als meine Nachbarn kamen und sich einer der Herren sein Bett auf dem Sofa auf deren Veranda her richtete, ging ich dann nach drinnen. Ich wäre mir sonst so vorgekommen, als ob ich ihm noch ne Gute Nacht Geschichte hätte vorlesen können 

Um halb zwölf machte ich das Licht aus.


Die Karte wurde mit Topo USA von DeLorme www.delorme.com erstellt.

Gefahrene Meilen: 357

Info-Seite: Gold Point