Montag, 27.04.2015 - „Bad People“

Mr. Jetlag schlug zu und ich wachte um 04.30 Uhr auf. Obwohl ich nur 4,5 Stunden geschlafen hatte, fühlte ich mich richtig fit und erholt.

Ich kochte mir einen Kaffee und checkte meine Mails bzw. versuchte dies, denn das Netbook machte mich fast wahnsinnig. Es dauerte ewig, bis sich eine Seite aufgebaut hatte und dann blieb sie einfach hängen und ließ sich nicht mehr scrollen… Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mich das kleine Netbook, welches ich mir 2011 aus der Not heraus in Farmington gekauft hatte, mich dieses Jahr zum letzten Mal begleiten würde.

Gegen 6 Uhr war ich im wahrsten Sinne des Wortes „fertig“, holte mir in der Lobby einen O-Saft und rauchte draußen eine Zigarette. Die Sonne war gerade aufgegangen und es versprach ein herrlicher Tag zu werden. Es war zwar noch recht frisch, aber alles gut, alles im grünen Bereich. Das Corporate Center leuchtete schön im Sonnenlicht. Und die Piepmätze zwitscherten lustig in den Bäumen ums Motel.

Das Continental Breakfast im Motel verschmähte ich, ging statt dessen nach nebenan ins Waffle House und frönte der Tradition „am ersten Tag muss es ein typisches American Breakfast sein “.

Um 7 Uhr war ich zurück vom Frühstück und organisierte mir ein Shuttle zum Airport oder Rental Car Center. Es war noch ein wenig Wartezeit und da traf ich Shirley aus Ohio, die mich in der Raucherecke mit den Worten begrüßte „best place for bad people“. Shirley war eine lustige Rentnerin auf Gruppenreise, mit der ich ein paar sehr kurzweilige Minuten lang plauderte.

Der nette Shuttle-Fahrer vom Motel brachte mich dann direkt zum Rental Car Center, wo ich kurz vor 8 Uhr ankam.

Der Alamo-Angestellte war sehr „bemüht“ und unterbreitete mir ein special für ein upgrade von Midsize-SUV auf Standard SUV von 299 $. Als ich verneinte, bekam ich noch einen zusätzlichen Discount und hätte nur noch 199 $ zahlen müssen. Dankend lehnte ich erneut ab, ebenso auch die Roadside Assistance.

In der Choice Line standen mehrere Nissan Rogue, ein Jeep Compass, ein RAV4 und ein mausgrau-metallic farbiger Jeep Patriot. Vor zwei Jahren war ich von dem Modell zwar nicht so begeistert, aber ich beschloss, ihm eine zweite Chance zu geben. Vor zwei Jahren hatte ich ein mausgraues Auto namens Mousie und kreativ wie ich nun mal bin, bekam er den Namen „Mr. Mouse“

Um 8.40 Uhr fuhr ich vom Hof, mit traumwandlerischer Sicherheit die 24nd Street hoch, bog rechts auf die Thomas Rd ab und war eine Viertelstunde später beim Walmart. Auf dem Parkplatz dort war ein „seltsames Publikum“. Eine ganze Horde Männer in Arbeitssachen, die sich in einem Bereich aufhielten und es fuhren immer wieder Pick-ups vor, dann wurde was gesprochen und ein oder mehrere Männer stiegen auf die Ladefläche. Ist das die moderne Form von Tagelöhnern? Ne Art Straßenstrich für Bauarbeiter (Dem war so, denn später tauschte ich mich mit Gerd darüber aus, der diese Beobachtung ebenfalls gemacht hatte und wusste, dass dies in den USA so wohl üblich ist.)

Kurz vor 10 Uhr hatte ich fast alles beisammen und machte mich auf den Rückweg. Leider ging mein Plan nicht ganz auf, denn eine Baustelle vereitelte das Abbiegen an einer bestimmten Stelle. Also einmal „um den Block“ fahren – naja, nicht ganz. Ich fuhr und fuhr und fuhr. Es tauchten viele Straßen auf, nur nicht die, in die ich abbiegen wollte. Irgendwann kam es mir komisch vor und ich bog einfach mal ab und siehe da, endlich traf ich auf den University Drive. Nur in welche Richtung weiter, nach links oder rechts Ich erkundigte mich in einer Tanke und der nette Angestellte konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, ich war meilenweit in die falsche Richtung gefahren und längst in Mesa und nicht mehr in Phoenix. Also Dreherle und zurück.

Kurz nach 11 Uhr – ja, mein Ausflug hatte etwas Zeit gekostet – war ich wieder am Motel. Schnell den Rest zusammengepackt, Mr. Mouse beladen, auschecken – und gegen 12 Uhr machte ich mich auf den Weg nach Norden.

Kaum lag Phoenix hinter mir, erblickte ich eine schwarze Rauchwolke. Nach ein paar Meilen sah ich dann auch den Grund: Auf dem Seitenstreifen stand ein Womo, aus dem Flammen schlugen und nachtschwarze Rauchwolken aufstiegen. Alle fuhren ganz links an dem brennenden Teil vorbei. Aber es wurde kurz verdammt warm im Auto. Gerade als ich vorbeifuhr, gab es noch eine kleine Explosion. Himmel, hab ich mich erschrocken.

Die Weiterfahrt war zum Glück ganz unspektakulär und ich genoss, die schon irgendwie vertraute Umgebung wiederzusehen. Jetzt so im Nachhinein betrachtet war der Flug mal wieder wie das Kinderkriegen: kaum war es vorbei, freut man sich über das Resultat und Qual war auch schon wieder vergessen.

Gegen halb zwei warf ich den ersten Blick auf die San Francisco Peaks und 50 min später bog ich zum Motel ab. Gerd war schon da und es gab erstmal eine herzliche Begrüßung.

Hier oben zeigte das Thermometer nur 60°F – ich wusste, warum ich meine Fleecejacke eingepackt hatte. Aber es war sonnig mit ein paar Wolken.

Kurz vor dem Urlaub wurde meine Kreditkarte mal wieder wegen möglichen Datenmissbrauchs ausgetauscht. Und als das Mädel an der Rezeption mit einem Blatt Papier und einem Bleistift einen Abdruck meiner KK machte, ertönte in meinem inneren Ohr die Musik des weißen Hais, kurz bevor dieser angreift... Etwas aufgeregt erzählte ich es Gerd, aber bei ihm war es genauso gewesen.

Der Tag war noch jung und wir entschieden uns, noch den Sunset Crater – Wupatki Loop unter die Räder zu nehmen.

Der nächste Fotostopp erfolgte bei einem View Point auf den Bonito Lava Flow.

Der ließ mich aber recht kalt, ich weiß nicht, mit Lava hab ich es einfach nicht so. Das hab ich schon in New Mexico beim Valley of Fires festgestellt.

Bei der Weiterfahrt änderte sich nun die Landschaft, Hügel und Bäume verschwanden langsam und wir durchfuhren nun eine recht flache Prärie, die im Moment aufgrund der Regenfälle der letzten Tage recht saftig-grün war. In der Ferne erblickte man am Horizont das rote Band der Painted Desert.

Zuerst steuerten wir Wukoki Pueblo an. Dessen Rückseite wurde gerade wunderbar von der tiefstehenden Nachmittagssonne angestrahlt.

Dann ging es weiter zum Wupatki Pueblo. Auch hier drehten wir die kurze Runde um die imposante Ruine.

Gegen 18.30 Uhr waren wir dann wieder zurück in Flagstaff. Wir steuerten gleich das Outback Steakhouse an. Zuerst orderten wir mal ein kühles Sam Adams. An den Namen der Bedienung kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an ihre Stimme... so dermaßen piepsig-quietschig, man dachte, sie ist einem Comic-Film entsprungen...

Als wir das Restaurant verließen war es schon stockdunkel. Ich bin diese frühe Jahreszeit zum Reisen einfach nicht gewohnt. Um 20 Uhr waren wir im Motel, quatschten noch ein bissl, ich machte meine abendlichen Sicherungen der Fotos und vom GPS-Track, kämpfte noch mit dem Netbook und Internet und lag um 23.30 Uhr im Bett. Mit Lesen war nicht mehr viel, denn mir fielen schnell die Augen zu und ich knipste nach wenigen Minuten das Licht aus.