Samstag, 8. Juni 2013 - "Psychopathin auf der CCR"

Ausgeruht wachte ich gegen 6 Uhr auf, warf die Kaffeemaschine an und setzte mich dann mit einem dampfenden Becher Kaffee und einer Zigarette auf die kleine Terrasse. Wie sehr ich diese Momente liebe
Um 7 machte ich mich auf die Suche nach dem kürzesten Weg zum Frühstücksraum. Das Motel ist teilweise in den Hügel gebaut und daher etwas verwinkelt. Ich versuchte mehrere Ausgänge auf meiner Etage, gab dann aber auf und lief außen rum über den Parkplatz. Das Frühstücks-Buffet hatte zwar eine gewisse Auswahl, auch Rührei, Würstchen, Bacon und Breakfast Potatoes, aber leider nur mit Plastikbesteck und -geschirr.

Zurück im Zimmer packte ich meinen Kram zusammen, machte nebenher noch fix die Sicherungen und spielte GPS-Daten hin und her. Punkt 9 Uhr fuhr ich vom Parkplatz weg und das Thermometer zeigte jetzt schon 84°F.

Kurz hinter dem Dam bog zu einem Scenic View ab, denn das Wasserstandselend vom Lake Powell wollte ich mir doch mal anschauen...

In Greenhaven wurde Mausi vollgetankt und in Big Water erkundigte ich mich im BLM Office nach den Straßenzuständen im GSENM. Huch , das alte lang-weißhaarig-zopfige Urgestein war immer noch dort. Und auch mit dem üblichen freundlichen Gesichtsausdruck, so als hätte er eine quersitzende Blähung.

Eigentlich wollte ich heute früh zur Nautilus und fuhr auch erstmal an der Cottonwood Canyon Road (nachfolgend CCR genannt), die ich später unter die Reifen nehmen wollte, vorbei. Aber als ich dann Mausi parkte, hatte ich plötzlich überhaupt keine Lust mehr auf die Nautilus. Das Licht war gerade so extrem grell und fraß die Farben der Umgebung regelrecht auf. Es war, als würde man durch einen milchig flimmernden Schleier blicken Daher machte ich gleich ein Dreherle und fuhr zurück zur CCR.
Um 10.20 Uhr, ungefähr nach den ersten zwei Meilen auf der CCR, dachte ich dann, dass ich die heute vom Programm streichen und kapitulieren muss. Denn die Road führt ein kleines Hügelchen hinauf und kurz vor der Kuppe gab es eine ca. 2 Meter lange Sandverwehung. Mausi wurde plötzlich immer langsamer und wollte stehen bleiben. In Gedanken sah ich mich schon rückwärts rollern und neuen Anlauf nehmen. Ich trat aber noch mal fest aufs Gaspedal und sie schlingerte sich dann doch durch das Sandstück.
Mir schwante Böses... Wenn es jetzt schon so sandig ist, wie wird es im weiteren Verlauf... Ich konnte mich noch gut an eine Stelle weiter hinten erinnern, die bei früheren Touren schon sehr sandig war. (Um es vorweg zu nehmen, die weitere Fahrt verlief absolut unproblematisch.)
Bald lagen die Badlands vom Anfang der CCR hinter mir und um mich herum wurde es bunt: die farbigen Felsen, die leuchtend grünen Sträucher - einfach schön.
Ich fuhr so vor mich hin und genoss die tolle Landschaft, als mich an der rechten Wade was kitzelte. Erst dachte ich mir nix dabei, ein Faden vom Hosenbein...
Dann blickte ich runter und sah eine riesige Motte ... schreien... bremsen. rumfuchteln... Auto unkontrolliert durch die Gegend rollen lassen war eins... Ich brachte Mausi wieder unter Kontrolle, stellte den Schalthebel auf P und drehte den Schlüssel rum, damit der Motor aus ist. Kreischend flüchtete ich aus dem Auto und stand erstmal bibbernd in sicherer Entfernung.
Dann pirschte ich mich vorsichtig an und starrte in den Fußraum auf der Fahrerseite. Da entdeckte ich den geflügelten Kameraden vorn unter dem Fahrersitz. Was nun Mit irgendwas rumstochern, dass er sich erst recht verkriecht oder - noch schlimmer - mir direkt ins Gesicht flattert... Das war keine Option.
Mir würde also nix anderes übrig bleiben, als ihn zu ermorden. Mit der Fußspitze draufzutreten, das war mir zu unsicher. Ich hatte Sandalen an, würde ich ihn nicht richtig treffen, dann würde mir die Mutantenmotte noch über den Fuß laufen. Ein schlimmeres Schicksal konnte ich mir gar nicht vorstellen. Also hangelte ich mir einen Turnschuh, der hinter dem Fahrersitz lag, herzu und rammte diesen vorn unter den Sitz. Zur Sicherheit schlug ich noch ein paar Mal zu, bis ich mir wie eine Psychopathin vorkam.

Wieder entspannt, setzte ich meine Fahrt fort.

Und wunderte mich... Ok, die CCR war kein Highway und entsprechend wenig los. Aber ab und zu hatte ich bisher doch ein anderes Auto getroffen. Jetzt gondelte ich hier schon ne ganze Weile rum und bisher war noch gar keins in Sicht gekommen.
Ist die CCR für die meisten schon langweilig? 2004 und in den Folgejahren war diese Strecke für alle Südwestler ein absolutes Muss. Sie war der Hit überhaupt! Gibt es keinen USA-Nachwuchs mehr? Oder war igendwas passiert und ich hatte es nicht mitbekommen? Weltuntergang, während ich mit der Monstermotte kämpfte?

Dann kam der schönste Teil der Strecke, das Herzstück. Die Felsen wurden noch bunter und als ich den Cockscomb erreichte, leuchtete dieser fast von innen raus in der Sonne. Das Lämpchen in meinem Foto, welches anzeigt, dass der Apparat noch "busy" ist, leuchtete auch gleich.

Hinter dem Cockscomb, unmittelbar nach dem Hügel, hielt ich an, denn dort ist für mich der absolute Höhepunkt der ganzen Strecke. Dieses kleine Wunderland, in dem auch der Weihnachtsmann steht. Und was sah ich... genau mitten in diesem Abschnitt stand ein Auto und draußen lief jemand rum und fotografierte. Mitten in meinem Traummotiv so ein Störfaktor! Innerlich bruddelnd wartete ich

Dann stieg die Person ein und das Auto fuhr los. Als es fast in meiner Höhe war, hob ich die Hand zum Gruß. Das Auto hielt an, die Scheibe ging runter und ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus Lu und Ray saßen drin. Sie erzählten, dass sie gerade mit Reifenwechseln fertig waren, denn sie hatten sich kurz vor dem Cockscomb einen Platten eingefangen. Wir unterhielten uns noch kurz und setzten dann unsere jeweiligen Touren fort.

Kurz danach erreichte ich auch schon den Grosvenor Arch. Dort machte ich eine ausgiebige Fotopause und es wurde auch eine Dose Tomatensaft geschlachtet. Der Arch ist einfach immer wieder ein wunderbares Motiv, wie sich sein fast golden strahlender Bogen gegen den tiefblauen Himmel abhebt.

Kurz nach 12.30 Uhr ging es dann weiter. Vor Antritt meiner Reise hatte ich im www auf dem Straßenzustandsbericht der CCR gesehen, dass für den folgenden Streckenabschnitt "Kühe mit Kälbchen entlang der Strecke" gemeldet waren. Ich sah weder das eine noch das andere, aber dafür jede Menge Kuhkacke.
Und vor mir tauchte ein anderes Auto auf. Der Fahrer musste deutlich Washboard-unerfahren sein, je mehr Washboard die Strecke hier aufwies, desto langsamer fuhr er. Aber er ließ mich bald vorbei und ich musste es nicht länger gemeinsam mit ihm aushoppeln. Zum Glück, denn die CCR führt dann noch mal ziemlich bergauf, es gab Washboard und eine Staubschicht drauf. Und da gefiel mir das Fahrverhalten von Mausi gar nicht, denn sie wurde deutlich langsamer und die Reifen hatten keinen richtigen Griff.

Gegen 13 Uhr hatte Mausi dann wieder Teer unter den Reifen und ich war am Abzweig zum Kodachrome Basin State Park angekommen.

Den ließ ich aber rechts liegen und fuhr weiter bis Cannonville, wo ich eine halbe Stunde später eintraf. Für die nächsten beiden Nächte hatte ich mir ein Zimmer im Grand Staircase Inn reserviert und ich konnte auch schon einchecken. Das Motel ist zwar recht einfach, aber alles war sehr sauber und preislich ist es wirklich nicht zu verachten.

Da ich nun in Utah war, wurde mir eine Stunde geklaut, und so machte ich mich, nachdem ich im Shop beim Motel noch zwei Bananen gekauft hatte, gleich wieder auf den Weg zurück. Denn mein zweites Highlight des Tages lag in der Richtung, aus der ich gerade gekommen war.
Nach etwas mehr als 3 Meilen bog ich dann auf die Skutumpah Road ab. Gleich am Anfang ging es ziemlich steil nach oben und es lag auch eine leichte Sandschicht auf der Dirtroad. Aber Mausi meisterte das gut, denn ich gab bissl mehr Gas und nahm so Anlauf und kam prima hoch.

Am Trailhead suchte ich mir zuerst einen Stock, mit dem ich die Box mit dem Trailregister öffnete. Seit ich mal in einem Bericht gelesen habe, dass da eine Spinne drin saß , mache ich die Dinger nur noch aus einigermaßen sicherer Entfernung auf.

Auf der anderen Seite der Straße führt der Trail dann runter in den Willis Creek.

Obwohl ich es mit Slotcanyons sonst nicht so habe, von diesem hatte ich schon Fotos gesehen, die es mir richtig angetan hatten. Und ich wurde nicht enttäuscht. Eine wunderbare Wanderung. Die erste Slot-Passage hat man sehr schnell erreicht und ich bestaunte die geschwungenen Felswände und genoss den Schatten.

Dann folgte ein längerer offener Bereich und die Sonne knallte regelrecht auf mich runter. Ich patschte durch das Rinnsal des Willis Creeks, so dass wenigstens die Füße in den Wandersandalen etwas Kühlung bekamen.

Der Creek fließt dann über eine Steinstufe hinunter. Diese Stelle umgeht man gut sichtbar an der rechten Seite und dort führt der Trail dann in den unteren Bereich.

Hier erreicht man nun die zweite Slot-Passage und ich machte im Schatten erstmal eine Zigarettenpause.

Wieder geht es dann über ein weiteres offeneres Stück, bevor man dann die dritte Slot-Passage erreicht. Diese ist mit Abstand die beeindruckendste und ich wurde an eine Art Kathedrale erinnert. Ganz langsam lief ich hindurch und betrachtete andächtig die hohen Felswände.

Kurz nach dem Ausgang hatte ich dann meinen Wendepunkt erreicht. Hier irrte ich jedoch erst kurz rum, denn eigentlich sollte sich hier ein Arch befinden. Nur wo??? Lt. GPS-Gerät müsste ich quasi direkt neben ihm stehen. Und dann entdeckte ich ihn. Der Temple Arch klebte auf der linken Seite ein paar Meter oben und war als Arch gar nicht so direkt erkennbar.


Gegen 17.45 war ich wieder zurück am Parkplatz und kurz nach 18 Uhr im Motel. Ich machte mich fix etwas frisch und tauschte die nassen Wandersandalen gegen normale Sandalen. Dann fuhr ich nach Tropic zum Clark's Restaurant. Ich bestellte mir ein Half Rack Spare Ribs, aber die waren so dermaßen fettig, das hat mich richtig geekelt und mir verging der Hunger. Daher pickte ich nur noch etwas in Gemüse und Salat rum. Am Nebentisch saß ein Paar, die sich ein Fischgericht bestellt hatten. Das sah richtig gut aus!

Gegen 19.30 Uhr war ich zurück in Cannonville und nach dem Duschen baute ich vor dem Zimmer meine kleine "Arbeitsecke" auf.

Nachdem die heutige Fotoausbeute und der GPS-Track auf's Netbook überspielt und auch gleich noch gesichert waren, machte ich mich endlich ans Tippen von meinen Notizen. Bisher war noch nicht eine Zeile vom Diktiergerät auf die Festplatte gewandert!

Auch auf dem Rückweg genoss ich die schattigen Slot-Passagen und das Laufen im kühlen Wasser.

Mal sehen, wann ich damit auf dem Laufenden sein würde...

Wider Erwarten wurde es draußen dann doch recht frisch und ich verlegte meinen Arbeitsplatz nach drinnen und tippte tapfer weiter, bis ich um 23.30 Uhr unter die Bettdecke krabbelte.

Die Karte wurde mit TopoUSA von www.delorme.com erstellt.

Gefahrene Meilen: 112

Info-Seite: Willis Creek