Freitag, 5. Oktober 2012 - "Es gibt sie also doch!"

Das frühe ins Bett gehen machte sich bezahlt und ich wachte schon um 5.30 Uhr auf. Ich hatte wunderbar geschlafen, auch wenn die Matratze etwas zu weich war.

Bei der Guten-Morgen-Zigarette beobachtete ich, wie ein Kojote, drei Rehe und ein Hase über die Straße kamen. Eine niedliche Begrüßung Das Häschen hoppelte in meine Richtung, hatte wohl Respekt vor dem Kojoten.

Gerd linste auch schon aus seinem Zimmer heraus und kam dann nach draußen, um mir zu gratulieren und ein Geschenk zu geben. Ich hatte heute nämlich Geburtstag. (Ursprünglich hatte ich mal gesagt, dass ich meinen 40. in den USA verbringen will. Leider kam der 40. Geburtstag dann irgendwie so unerwartet , dass es dann halt erst beim 41. geklappt hat. ...)

Gegen 7 Uhr verließen wir das Motel und fuhren zum "Hungry Logger", in dem wir uns ein leckeres Denver Omelette zum Frühstück genehmigten.

Anschließend tankten wir die Autos auf und machten uns um kurz nach 8 Uhr auf den Weg. Weit kamen wir nicht, denn der Hwy 149 verläuft immer am Rio Grande entlang und wir waren kaum aus South Fork raus, bot sich uns ein wunderbarer Blick auf gelbe Espen, die in der Morgensonne am Ufer leuchteten

Das Thermometer zeigte zwar nur 51°F aber die Sonne lachte vom blauen Himmel. Gegen 8.40 Uhr erreichten wir Creede und fuhren bis an dessen nördliches Ende. Dort beginnt der Bachelor Loop.

Mein Ghost Town Herz hüpfte , denn entlang der Strecke reiht sich quasi eine Mine nebst zugehörigen Gebäuden an die nächste. Mehr oder weniger gut erhalten, befinden sich die Minengebiete auf privaten Grundstücken und dürfen nicht betreten werden. Das war mir aber egal. Mir reicht angucken, ich muss nicht anfassen.

Vor allem das erste Gebäude, die Commodore Mine, hatte es mir sofort angetan. Sie ist am besten erhalten und eindrucksvoll in ihrer Größe. Ich bekam richtig Gänsehaut.

Oben im Hang "hingen" auch zwei Zuckerstückchen, leider sind die nicht erreichbar.

Dummerweise ist die Piste an dieser Stelle ziemlich steil und als ich weiterfahren wollte, fingen Dollarchens Räder an, durchzudrehen und es war ziemlich blöde, dort weiterzukommen. Das jagte mir doch einen Schrecken durch den Magen und ich signalisierte Gerd, dass wir mal lieber umdrehen. Ich parkte Dollarchen im Ort und sprang zu Gerd ins Auto, dann ging es erneut los.

Weitere Stopps folgten an der Weaver Townsite und der Midwest Mine, wo man sich auch ein wenig umschauen konnte.

Ein besonderes Highlight war die Last Chance Mine.

Die Stich"straße" war offen, aber die halbe Meile war doch sehr rumpelig. Hat sich aber gelohnt. An der Last Chance Mine angekommen, entdeckten wir jemanden, der auf dem Dach rumkletterte und werkelte. Als wir parkten, kam er vom Dach runter und begrüßte uns.

Er stellte sich als Jack vor, der Besitzer der Last Chance Mine. Ursprünglich kam er aus Kansas und arbeitete als Fotograf. Für Fotoaufnahmen kam er nach Creede und beim Gespräch mit den Locals erzählte er von seinen Gedanken, diese Mine bzw. die ganze Anlage zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So erhielt er das Angebot, die Last Chance Mine für 2.900 $ zu kaufen. Diese Gelegenheit ließ er sich nicht entgehen und schlug zu.

Er ist dort auch schon sehr fleißig gewesen und hat schon einiges restauriert.

Die Mine hat 15 Stockwerke und auch dort klettert er immer wieder rum und sammelt verschiedene Steine, z.B. Amethyste, die er den Besuchern zum Kauf anbietet. Wir unterhielten uns eine Weile angeregt, denn es war wirklich interessant, was er erzählte.

Dann ging es weiter. Die Equity Mine schenkten wir uns, die wurde wohl vor 2 Jahren wieder in Betrieb genommen und war nicht mehr "ghostig". Von der Bachelor Townsite ist außer einem Haufen Bretter auf einer Wiese nix mehr übrig und ich sparte mir den Platz auf der Speicherkarte.

Ziemlich am Ende vom Loop stoppten wir dann noch an einer Mill genau an der Straße und machten noch einige Fotos.

Für den Bachelor Loop wird als Minimum eine Stunde angegeben. Gerd ich und brauchten knapp 3 Stunden für die Rundtour, so sehr hat uns das alles gefallen und begeistert

Obwohl das Thermometer nur 64 F zeigte, war es in der Sonne schon wieder schön warm. Wir setzten unsere Fahrt auf dem Hwy 149 fort.

Der nächste Stopp war am North Clear Creek Waterfall.

Auf dem Parkplatz zog es wie Hechtsuppe. Gerd - vollkommen immun gegen Kälte - stand im kurzärmeligen Hemd neben mir und wollte mir in aller Ruhe zeigen, welche View Points wir im weiteren Verlauf anschauen können. Ich als bekennendes Wetterweichei konnte mich vor lauter Schlottern gar nicht darauf konzentrieren und die Informationen waren in null-Komma-nix wieder jenseits des Orbits verschwunden.

Die Straße führte auf den Slumgullion Pass hinauf und hier oben waren die Espen alle schon komplett kahl. Aber die Aussicht auf die einzelnen Berge war schon beeindruckend.

Die Fahrt über den Highway 149 verging wie im Rausch. Bei den ganzen Stopps entlang der Pässe wurde mir schon wieder so blöd im Kopf. Immer wieder kam man durch kleine Ortschaften. Die Bäume und die ganzen Häuschen boten einen so harmonischen Eindruck und alles war so gepflegt. Kein Unrat, kein angesammelter Schrott von mind. 2 Generationen, der hinter dem Haus liegt - nix. Wieder eine Strecke, bei der man permanent anhalten könnte.

Aber es mangelte an Zeit und Haltemöglichkeiten.

Je näher wir Gunnison kamen, desto eintöniger wurde jedoch das Landschaftsbild. Die herrlichen gelben Espen nahmen merklich ab und nun blickte man auf die grau-grüne Berglandschaft Uncompahgre Wilderness Area.

Das letzte Stück war fürchterlich eintönig und ich bekam eine bitterböse Müdigkeitsattacke Es war dringend eine Zigarettenpause mit gleichzeitiger Schlachtung einer Cola-Dose angesagt.

Als wir dann von den Bergen runter waren, lag linkerhand die Curecanti National Recreation Area vor uns, welche aus drei Reservoiren entlang des Gunnison Rivers besteht. Im östlichen Teil fand man jedoch lediglich eine größere Pfütze. Das war ein eher trauriger Anblick.

Das Cebolla Basin mit dem Blue Mesa Reservoir hatte da deutlich mehr Wasser und die Dillon Pinnacles boten einen sehr fotogenen Hintergrund

Hier wehte nun ein ganz hässlicher Wind. Nach jedem Fotostopp war mir richtig kalt und die Heizung kam zum Einsatz. Auf dem Hwy 50 fuhren wir nach Westen. Der Himmel war bleigrau, die Wolkendecke komplett geschlossen.

Ich hatte schon seit Tagen meine Kühlbox nicht mehr mit Eis aufgefüllt, denn allein die Vorstellung, bei den Temperaturen morgens im kalten Wasser rumzuwühlen und Eis aufzufüllen, rief heftige Kälteschauer bei mir hervor.

Im Süden erblickte ich dann plötzlich "DIE" Berge, von denen ich gedacht hatte, dass ganz Colorado aus solchen Dingern besteht : Graue Berge mit weißen Häubchen. Ich war die letzten Tage schon ganz verwundert, dass ich keine grauen Berge mit weißen Häubchen gesehen hatte. Aber die Dallas Divide bot mir nun genau diesen Anblick. Es gibt sie also doch!

Gegen 16.40 Uhr erreichten wir Montrose. Wir checkten im Black Canyon Motel ein und nach einer kurzen Pause, in der ich mich über die Geburtstagsglückwünsche im Forum freute, fuhren wir zum Walmart, um unsere Getränke- und Obstvorräte aufzufüllen.

Zum Abendessen gingen wir ins Red Barn Steakhouse. Die Margaritas waren sehr lecker, mein Steak leider nicht. Es ging zwar gerade noch als Medium durch, war aber schon kurz davor, trocken zu werden und außerdem etwas durchwachsen. Das mag ich ja überhaupt nicht... Irgendwie hatte ich bisher mit den Steaks immer Pech

Bei Gerd im Zimmer vernichteten wir dann noch zwei Dosen MGD. Gegen 21 Uhr war ich dann in meinem Zimmer und es folgten die üblichen Arbeiten am Abend: die Fotos und den Track des Tages auf das Netbook überspielen. Das Tippen der Notizen hatte ich auf morgen verschoben, heute war ich zu müde. Als ich mal zum Rauchen nach draußen ging, merkte ich, dass es sich bitterböse abgekühlt hatte. Also war erstmal eine heiße Dusche angesagt und innerhalb kürzester Zeit hatte sich das Badezimmer in einen Hamam verwandelt. Wassertropfen saßen auf den Fliesen und heiße Dampfschwaden trübten den Blick. So ähnlich wie in Gruselfilmen, wenn man dann den Spiegel mit dem Handtuch freiwischt und der Mörder plötzlich hinter einem steht....

Wie üblich wollte ich noch etwas lesen, aber nach 10 Minuten gab ich auf, da mir die Augen immer wieder zufielen.

Die Karte wurde mit TopoUSA von www.delorme.com erstellt.

Gefahrene Meilen: 201

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