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Sonntag, 7. Oktober 2012 - "Achterbahn"
Der Kreis sollte sich heute schließen bzw. es standen wieder zwei Ziele auf dem Programm, die ausschlaggebend dafür waren, dass ich mal nach Colorado wollte.
Wecken war wie üblich um 6 Uhr. Beim Frühstück trafen wir eine Amerikanerin, die in Deutschland aufgewachsen ist. Sie arbeitet in der Versicherungsbranche und hat ein recht großes Gebiet zu betreuen. Wir haben uns nett unterhalten und sie fing an, über die Tischmanieren ihrer Landsleute zu schimpfen, die das Besteck oft wie eine Mistgabel halten, alles klein schneiden und dann nur noch reinschaufeln
Als Gerd und ich später unsere Autos beluden, haben wir sie erneut getroffen und noch ein wenig getratscht. Daher war es dann schon kurz vor halb neun Uhr, als wir nach dem täglichen Besuch der Tankstelle Montrose verließen.
Heute zeigte das Thermometer nur 39°F.
Wieder fuhren wir auf dem Hwy 550 nach Süden. Hinter Ridgway verengt sich die Landschaft. Rechts und links des Highways ragen hohe Berge auf. Diese Strecke kannte ich schon von meiner Tour 2004 und deshalb war meine Vorstellung, dass man diese Art von Berg-Tal-Szenerie überall in Colorado antrifft. |
Daher war ich während dieser Tour auch so oft ganz überrascht von den ganzen Ebenen usw. die man in Colorado durchaus findet.
Eigentlich war unser erstes geplantes Ziel die Yankee Girl Mine, aber wir bogen schon kurz vorher vom Highway 550 ab, denn dort war Irontown, der frühere Wohnort der Beschäftigen der Minen in der Red Mountain Area. Es war eisig kalt und auf den Pfützen hatte sich schon eine dünne Eisschicht gebildet. Mir war die Fahrerei nicht so geheuer, befürchtete ich doch, dass unter der Eisschicht tiefe Schlammlöcher lauerten Daher war ich auch etwas unentspannt und blubberte vor mich her, während wir in der kleinen Ecke umher streiften und ich im frostigen Schatten zitterte. |
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Zum Glück hatte Gerd bald Erbarmen mit mir und mein Gefieder glättete sich wieder
Kaum hatten wir wieder den Teer des Highways unter den Reifen, bogen wir kurz vor dem Milemarker 83 erneut auf eine Gravelroad, die Country Road 31, ab. Die war nicht schön zu fahren, schräg, Furchen, Pfützen, eng und ne Holzbrücke... Aber als wir dann gegen 10.15 Uhr bei der Yankee Girl Mine ankamen, entschädigte der Anblick für den einen oder anderen Tropfen Angstschweiß, den ich vergossen hatte...
Begeistert sprangen wir umher, um die Yankee Girl Mine aus jeder möglichen Perspektive zu knipsen |
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Auf der Rückfahrt hielten wir dann noch an ein paar anderen alten Häuschen der Townsite Guston, um auch diese auf die Speicherkarte zu bannen.
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Um 11 Uhr waren wir zurück auf dem Hwy 550 und setzten unsere Fahrt fort. In Silverton angekommen, hielten wir gleich erstmal am Visitor Center. Während ich die Toilette aufsuchte, wollte sich Gerd nach dem Zustand der Straße nach Animas Forks erkundigen.
Als ich raus kam, sah mir Gerd mit ernstem Gesichtsausdruck entgegen. Er erzählte, dass der betagte Angestellte im Visitor Center nach Begutachtung von Gerds Auto mahnend von der Fahrt abgeraten hat.
Haha... Gerd wollte mich mal wieder veräppeln... Ich flappte daher nur zurück, "ja ja... verscheißern kann ich mich selber"...
Gerds Miene blieb unverändert ernsthaft und er fügte noch hinzu, dass der Ops gemeint hatte, die Gefahr, sich am Unterboden was aufzureißen, sei zu groß.
Langsam gefror das Grinsen in meinem Gesicht und mir dämmerte, dass mich Gerd nicht verscheißern will. Ich fragte vorsichtig nochmal nach, ob das wirklich ernsthaft gemeint ist und Gerd bestätigte diese niederschmetternde Nachricht erneut. Enttäuschung machte sich in mir breit. Animas Forks hätte eines der Highlights der Tour werden sollen...
Das Schweigen summte um unsere Köpfe wie angriffslustige Moskitos...
Aber unter diesen Umständen entschieden wir uns dagegen.
Was nun tun? Nach Farmington zum Cox Canyon Arch? Oder zum King? Oder wir gucken View Points in Mesa Verde? Oder doch wagen und sich selber einen Eindruck verschaffen...?
Eher verhalten bummelten wir ein wenig durch Silverton und machten halbherzig ein paar Fotos. |
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Lediglich das Rumstöbern in den Souvenirläden lenkte mich etwas ab, denn ich brauchte für Andy noch ein paar Mitbringsel und hier fand ich netten Schnickschnack als Deko für ein Biker-Clubhaus. Aber je näher wir unseren Autos kamen, umso niedergeschlagener wurde ich
Gegen 12.40 Uhr verließen wir Silverton. Mein Herz war richtig schwer, ich hatte mich so auf Animas Forks gefreut. Tränen verschleierten meinen Blick.
Etwa 5 Meilen außerhalb von Silverton, an einer Rest Area, hielt Gerd für eine Pinkelpause an. Ich lehnte mich ans Auto, zündete eine Zigarette an und sah sehnsüchtig in die Ferne. Zum Fotografieren hatte ich keine Lust. Ich haderte mit meinem Schicksal. So nah dran und doch unerreichbar... Ich wollte nur noch weg. Ich war so enttäuscht. Animas Forks war ein so lange gehegter Traum. Ich war den Tränen nahe
Und mir ging durch den Kopf, was ich alles schon von übervorsichtigen oder kenntnislosen Rangern / Angestellten in Visitor Centern gehört und gelesen hatte...
Wenn ich in Phoenix dem Autovermieter geglaubt hätte, dann wäre ich mit meinem Auto nicht mal bis hier hoch gekommen...
Natürlich gibt es auch Leute, die haben Ahnung und schätzen Situationen realistisch ein.
Nur zu welcher Sorte gehörte der Ops im Visitor Center?
Und die ganze Zeit beschäftigen mich die Fragen: "Was ist, wenn es doch geklappt hätte? Was ist, wenn ich irgendwann mal daheim in einem Reisebericht lese, dass jemand zu der Zeit mit einem identischen Mietwagen dort war und es gar nicht so extrem war?"
Eva und André waren in Animas Forks, als dort sogar noch Schnee lag.
Und es war heute so ein herrliches Wetter.
Als Gerd zurückkam, erzählte ich ihm meine Gedanken. Auch er knabberte noch dran rum. Und dann fassten wir den Beschluss: Wir wollten uns das selbst anschauen und dann entscheiden. Wir sind beide vorsichtig und gehen keine überhöhten Abenteuer ein. Beide sind wir keine Draufgänger, die zu viel riskieren. Aber wir wollten uns selber einen Eindruck verschaffen und nicht einfach dem Wort von jemandem vertrauen, der evtl. gar keine aktuellen Infos hat. Wenn es nicht klappt - ok. Aber dann haben wir es wenigstens versucht.
Und so machten wir ein Dreherle und fuhren zurück nach Silverton.
Ich parkte Dollarchen am Visitor Center und wechselte auf den Beifahrersitz ins Auto von Gerd. Dort hockte ich angespannt wie eine zusammengedrückte Sprungfeder, meine Nase berührte fast die Frontscheibe und meine Augen tasteten die Fahrbahn ab, als wir Silverton verließen und der Asphalt endete.
Ich kam mir vor wie eine Coffeintablette, war gespannt und aufgeregt ohne Ende und hörte mein Herz in den Ohren klopfen. Wenn man mich jetzt an ein EKG angeschlossen hätte, die Schwester hätte umgehend den Notarzt gerufen und die Koronar Intensivstation in Bereitschaft versetzt.
Die ersten Meilen waren sehr gut zu befahren. Es war eine breite Gravelroad, sogar PKW-tauglich. Dann erreichten wir ein Schild, welches verkündete, dass nun 4WD oder zumindest HC erforderlich wäre. "Not recommended for passenger cars."
Es wurde auch sehr holperig. Aber Gefahr für den Unterboden bestand nicht, jedoch für Reifen. Aber wir fuhren langsam, abschnittsweise richtig, richtig langsam. Und so brauchten wir dann auch für die letzten paar Meilen ein ganzes Weilchen... Aber wir kamen gut und unbeschadet an.
Und dann konnten wir die alten Häuser von Animas Forks schon in der Ferne ausmachen. Jetzt war es nur noch ein Katzensprung. Ich war so glücklich Meine Miene zeigte in dem Moment garantiert den leicht debil-seligen Ausdruck eines Shona-Jünglings, der soeben eine mystische Erscheinung gehabt hatte.
Gerd und ich streiften begeistert umher, machten uns gegenseitig auf diese oder jene Ansicht aufmerksam und grinsten uns immer wieder wie Halloween Kürbisse an |
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Animas Forks ist eine Ghost Town so richtig nach meinem Geschmack |
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Auf der Rückfahrt gönnten wir uns nun auch den einen oder anderen Fotostopp.
Dazu fehlten uns nämlich auf der Hinfahrt die Nerven, da wir ja nicht wussten, wie schlimm es evtl. wird. Zufrieden wie eine Katze, die gerade eine dicke, fette Maus verspeist hat, lümmelte ich nun entspannt auf dem Beifahrersitz. Gerd und ich versicherten uns mehrfach gegenseitig, wie gut es war, dass Gerd nochmal pinkeln musste und ich die zu dem Zeitpunkt abgeblasene Tour nach Animas Forks dann noch mal angesprochen habe.
Wir hätten uns beide so sehr geärgert, wenn wir im Nachhinein erfahren hätten, dass es machbar gewesen wäre!
Um 16 Uhr verließen wir Silverton dann zum zweiten Mal an diesem Tag. Wir hatten noch kurz überlegt, nochmals ins Visitor Center zu gehen und dem Ops gehörig die Meinung zu sagen, nämlich dass er von seinem Job so viel Ahnung hatte, wie ne Fliege vom Tischlern.... Aber wir waren so zufrieden und mit allem wieder versöhnt.
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Je südlicher wir kamen, desto mehr schwand die Aspen-Pracht. Gegen 17 Uhr folgte dann noch ein Fotostopp an den Pinkerton Hot Springs. Von der Uhrzeit her zwar nicht mehr optimal - aber egal. Nichts konnte meine Stimmung jetzt noch trüben.
In Durango bogen wir dann auf den Hwy 160 ab. Bald tauchte auf der linken Seite eine imposante Mesa auf - als Silhouette gegen das Sonnenlicht. Das war dann wohl Mesa Verde. Sah schon gut aus, irgendwie mysteriös. Muss ich doch irgendwann mal hin, auch wenn ich es mit Indianer-Ruinen-Gedöns gar nicht habe. Das war jetzt, glaub, das erste Mal, dass ich an einem National Park, den ich nicht kenne, vorbei gefahren bin. |
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Kurz vor 18 Uhr erreichten wir dann Cortez und checkten im vorreservierten Days Inn ein. Wir brachten fix unser Zeug auf die Zimmer und wechselten dann unverzüglich in die Fiesta Mexicana, die sich auf dem Motelgelände befindet. Praktischer geht's ja wirklich nicht
Die Chicken Fajitas, für die ich mich entschied, waren die besten, die ich jemals gegessen hatte. Nach dem Essen blieben wir noch eine ganze Weile sitzen und der nette Kellner versorgte uns immer wieder mit leckeren Margaritas (4 Stück pro Nase) Schließlich hatten wir was zu feiern. Ab und zu ging ich nach draußen um eine zu rauchen und amüsierte mich von Margarita zu Margarita mehr über das lebensgroße Skelett im Halloween Kostüm, welches im Eingangsbereich stand und rumzappelte und einen anquatschte. Ich glaube, wenn wir noch eine 5. Margarita getrunken hätten, hätten ich den knochigen Kamerad zu uns an den Tisch eingeladen und mit ihm gemeinsam unrhythmisch gesungen, wie ein dementer Musikantenstadl-Fan
Gegen 21 Uhr gingen wir zurück ins Motel. Dort tauschten wir noch ein paar Fotos aus. Ich überspielte die Ausbeute des Tages dann noch auf das Notebook, meldete mich kurz im Forum und lag gegen 23 Uhr in den Federn. Dieser Tag war eine Achterbahnfahrt der Gefühle gewesen. |
Die Karte wurde mit TopoUSA von www.delorme.com erstellt.
Gefahrene Meilen: 194 |
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