Donnerstag, 6. Juni 2013 - "Ich war im Grand Canyon"

Heute hatte ich endlich mal etwas länger geschlafen und wachte erst gegen 6.20 Uhr auf. Da Abreisetag war, wurde noch hier und da was zusammengepackt und ich musste noch ein paar Fotos überspielen und die Sicherungen machen. Dann noch ein schnelles Frühstück. Die Zeit war weg wie nix und um 9.15 Uhr machte ich mich auf den Weg zum Grand Canyon.

Schon jetzt zeigte das Thermometer 83°F. Der Himmel ähnelte einer kobaltblauen Satindecke, auf der verstreut Schäfchen grasten.

Am Little Horse Trailhead hielt ich fix auf dem Parkplatz, denn ich kämpfte noch mit der Technik. Mein MP3 Player funktionierte noch nicht richtig und spielte nicht über das Autoradio ab - konnte er auch nicht, ich hatte den Stecker nicht weit genug reingeschoben

Nun war ich wieder vollkommen eins mit mir und allem Das Gefühl, welches mich bei der entspannten Fahrerei in dieser herrlichen Landschaft durchströmte, war genau das, wieso ich solche Strapazen wie bei der Anreise und dem KK-Ärger auf mich genommen habe und auch wieder auf mich nehmen würde. Auch wenn meine erste Reaktion beim Telefonat mit Gerd "nächstes Jahr kein USA" gewesen war, jetzt war das wieder vorbei. Jetzt war alles wieder gut. Ich hatte die Fenster weit geöffnet und der sanfte Fahrtwind umschmeichelte mich.

Weil ich schon ewig nicht mehr durch Flagstaff gefahren war, schaukelte ich mich einmal durch den Ort durch, statt via Interstate auf die 89 zu fahren. Und siehe da, den Museum Club, in dem ich 1999 mit Andy war, gab es immer noch.

War ich vorher noch so happy gewesen, dass es so super mit meinem MP3 Player geklappt hatte, jetzt war ich wieder ernüchtert, denn der Akku war leer. Und gleichzeitig laden und abspielen, das gab komische Störungen... Also suchte ich mir einen Sender - mangels Auswahl landete ich bei irgendeinem Country Teil und tuckerte nach Norden.

Kurz vor 12 Uhr erschien eine 90 auf dem Thermometer. Mein Gott, war das herrlich. Das war jetzt seit bestimmt vier Jahren das erste Mal, dass ich wieder mit offenen Fenstern durch die Gegend fahren konnte, ohne dass ich mich im Death Valley befand.

In Cameron habe ich Mausi noch mal vollgetankt und ging in den dortigen Indian Market. So mal bissl Schmuck gucken muss schließlich sein. Aber die sind ja so doof und machen sich selber die Chancen auf Geschäfte kaputt. Da wird man sofort belagert und bequatscht, da möchte man gar nicht mehr rumstöbern. Kaum interessiert man sich für was, werden drei weitere Alternativen angeschleppt. Die würden mit mir viel mehr Geschäfte machen, wenn sie mich erstmal in Ruhe ließen. So zog ich also ohne Beute weiter.

Ab Tuba City wurde es deutlich weniger Verkehr. Es war richtig ungewohnt, denn sonst düst ja alles nach Page. Aber durch den Erdrutsch und die damit verbundenen Umleitungen fuhr hier heute kaum jemand entlang.

Gegen 13.10 Uhr bog ich in Bitter Springs auf den Hwy 89A ab. Die Vermilion Cliffs ragten zum Greifen nahe vor mir auf. Über ihnen schwebten ein paar Schäfchenwolken.

Kurz darauf bog ich erneut ab, denn bevor es an den Grand Canyon geht, ging es erstmal in den Grand Canyon. Und zwar einfach und schnell bei Lees Ferry. Dies wusste ich von Flips Reisebericht, da hat er geschrieben, dass sich hier nämlich Mile 0 vom Grand Canyon befindet. So kann ich künftig auch sagen, dass ich "im" Grand Canyon gewesen bin

Auf der Strecke nach Lees Ferry gab es heftige Bauaktivitäten. Die Straße ist ja bestimmt nicht stark frequentiert, aber für einen ca. 100 m langen Abschnitt, an dem gerade gearbeitet wurde, gab es sogar zwei Schildträger. Mich hätte nicht gewundert, wenn auch noch ein Follow Me Auto aufgetaucht wäre...

Um 13.30 Uhr wurde dann unten an Lees Ferry zum ersten mal in diesem Urlaub die 100°F Marke geknackt. Ja, so muss ein Südwest-Wetterchen sein. Nicht so windig und unbeständig wie 2010 und 2011.

Bis hierher kam mir die Fahrt recht fix und kurzweilig vor. Flagstaff war schnell erreicht, Cameron und Tuba City auch. Alles solche "Kopf-Etappen", Strecken/Entfernungen, die man kennt. Aber ab hier zog es sich doch gewaltig. Quasi immer geradeaus, immer entlang der Südklippe der Vermilion Cliffs. Bis sich der 98A dann kurz hinter dem südlichen Abzweig zur House Rock Valley Road auf das Kaibab Plateau hinaufschraubt. Um 15 Uhr wurde Mausi in Jacob Lake noch mal voll getankt, dann ging es weiter auf der Stichstraße zum Grand Canyon North Tim Rim. Ich war wirklich geplättet, dass es noch 45 mi waren Ufff, das zog sich. Hier oben war es deutlich kühler, es hatte nur noch 77°F.

Wahnsinn, wie sehr hier oben alles verbrannt war. Ab Jacob Lake zog sich ein etwa 12 mi breiter Streifen von regelrecht verbrannten Baum-Skelett-Wäldern! Aber zwischen den schwarzen Baumresten wuchs schon wieder das neue Leben.

Hier oben ist es ganz anders, als man es von der südlichen Zufahrt kennt. Im Süden ist es eigentlich erst plattes Land, dann ein Baumgürtel und man ist am Rim. Hier gab es große saftige Wiesen und dahinter Nadelwälder. Das machte die Fahrt aber nicht wirklich abwechslungsreich und ich hatte das Gefühl, dass man irgendwie gar nicht vorwärts kommt.

Um 15.40 Uhr, nach 32 Meilen ab Jacob Lake, hatte ich dann endlich den Park Entrance erreicht und wurde stolze Besitzerin eines National Park Passes. Von hier waren es nun noch mal 10 Meilen bis zum Visitor Center und der Lodge und den Cabins. Ich war gespannt, wie die Cabins am North Rim angeordnet sind. Vor ein paar Jahren hab ich mich am South Rim ja richtig dämlich angestellt und meine nicht gleich gefunden, weil alles irgendwie verwinkelt war.

Hier am North Rim war jedoch alles viel übersichtlicher, alles viel kleiner, da viel weniger Leute hierher kommen. Bevor man die Gebäude erreicht, befindet sich auf der linken Seite ein großer Parkplatz. Bis zu Lodge und Visitor Center kann man nicht direkt ran fahren. Dies gilt auch für die Cabins, die rechts gegenüber vom Parkplatz liegen. Und mein Gepäck
Aber egal, erstmal einchecken - nicht ohne Umweg durch das Visitor Center. Eva aus dem DA Forum hatte mich um einen kleinen Gefallen gebeten und das wollte ich gleich erledigen, nicht dass ich das womöglich noch vergesse. Ja und dann stand ich am Check in und wartete. Viel war eigentlich gar nicht los. Aber bei der Geschwindigkeit, mit der die Leute an dem einen geöffneten Schalter abgefertigt wurden, musste man sich schon wundern, dass der Angestellte nicht währenddessen in Rente geschickt wurde. Und natürlich hatte ich mal wieder das Glück, dass vor mir Leute waren, die sich hier über die genaue Entstehungsgeschichte des Grand Canyons aufklären lassen wollten...
Der einzige Vorteil dieser Warterei war, dass ich durch gucken und lauschen rausgefunden habe, dass es sogenannte Porter gibt, die mit Golf-Caddys das Gepäck vom Auto zu den Cabins transportierten. Leider musste ich auf so einen auch noch eine ganze Weile warten und so wurde es 17 Uhr, bis ich mich auf den Weg zum Rim machen konnte. Denn zum Point Imperial wollte ich auf jeden Fall noch. Gleichzeitig sollte es aber auch nicht zu spät werden, denn in meinem Kopf geisterte die Vision von einem gepflegten Sundowner auf der Terrasse der Lodge rum.

Daher beeilte ich mich, denn zu spät wollte ich nicht zurück sein. Kurz vor halb 6 Uhr erreichte ich dann den Pt. Imperial. Die Spätnachmittagssonne strahlte gerade wunderbar rein und es gab auch schon tiefe Schatten. Vor lauter "lass mich auch mit, ich will dem Grand Canyon noch hallo sagen und ein paar nette Fotos machen" , stürmte ich aus dem Auto raus und bekam natürlich gleich erstmal Kreislauf... Es waren ja schon einige Höhenmeter, die ich heute zurückgelegt hatte. Als sich in meinem Kopf alles wieder normalisiert hatte, konnte ich den wunderschönen Ausblick an diesem View Point richtig genießen.
Dann ging es zurück zur Cabin, fix unter die Dusche und um halb sieben stand ich mit meiner Margarita auf der Terrasse und schaute zu, wie die sinkende Sonne die Felswände anstrahlte.
Die Atmosphäre hier am North Rim ist irgendwie ganz anders als am South Rim. Es sind zwar ebenfalls alles Touristen hier, aber man hat gar nicht so diesen touristischen Eindruck. Alles wirkt ruhiger, gedämpfter, "gehobener".

Kurz vor halb acht ging ich dann vor die Lodge, denn ich war für heute Abend mit Caro und Malte verabredet. Sie sind auch im Discover America Forum und wir hatten festgestellt, dass wir zufällig am gleichen Abend hier sein würden. Was liegt da näher als ein gemeinsames Abendessen! Obwohl wir uns zuvor noch nie begegnet waren, haben wir uns sofort erkannt. (Wahrscheinlich haben wir USA-Freaks irgendeine besondere Witterung, so dass man sich immer gleich erkennt )

In weiser Voraussicht hatte uns Caro im Dining Room einen Tisch reserviert, denn die Platzanzahl dort ist recht begrenzt und der Dining Room sehr beliebt, sodass eine vorherige Reservierung empfehlenswert ist.

Auf unser Essen mussten wir - ganz untypisch für die USA - zwar recht lange warten, aber die Zeit verging wie nix, denn wir hatten uns viel zu erzählen. Die Chemie zwischen uns dreien stimmte sofort und es war, als würden wir uns schon lange kennen. Und jede Minute des Wartens hatte sich gelohnt, denn das Sirloin Steak mit Süßkartoffelbrei und Honigmöhrchen war eines der Besten, die ich bisher gegessen hatte. Ein Gedicht.

Unsere Bedienung war auch supernett. Wir bekamen nicht unmittelbar nach dem Essen die Rechnung, sondern wurden freundlich gefragt, ob wir noch was trinken wollen. Auch untypisch für die USA.

Gegen 10 Uhr haben wir das Restaurant verlassen und vor der Cabin von Malte und Caro noch zwei Bierchen als Absackerle getrunken. Der Gesprächsstoff ging uns wirklich nicht aus. Es war ein sehr, sehr schöner Abend

Gegen 12 Uhr verabschiedeten wir uns und ich lag gegen 0.30 in den Federn. Aber leider habe ich hundsmiserabel geschlafen, gefühlt eigentlich gar nicht, nur immer mal weggedöst. Da war bestimmt die Höhenlage schuld. Ich bin's einfach nicht gewohnt.

Die Karte wurde mit TopoUSA von www.delorme.com erstellt.

Gefahrene Meilen: 275