Sonntag, 15. Mai 2011
"Dies wünsche ich niemandem"
Heute war es wieder so weit
Der Wecker klingelte um 5.30 Uhr und das Aufstehen fiel mir sehr leicht. Auch sonst ging alles wie von alleine. Ich lag voll im Plan und war abreisebereit, als mich Andy um 7 Uhr abholte.
Am Flughafen angekommen, checkte ich gleich erstmal meinen Trolley ein, dann setzten wir uns in ein Kaffee, um zu frühstücken. Aber ich war so aufgeregt, mir blieb das Brötchen fast im Hals stecken.
Da der meistgesuchte Terrorist der Welt vor wenigen Wochen ums Leben gekommen war, ging ich davon aus, dass eine zweite Sicherheitskontrolle erfolgen würde und verabschiedete mich daher schon gegen 9 Uhr von Andy. Da es seit letztem Jahr wieder ein Raucherkabuff im Bereich der Gates gibt, ist man ja nicht mehr drauf angewiesen, bis zur letzten Minute draußen zu bleiben.
Ich ging zuerst in Richtung der Gates, in welchen die USA-Flüge erfolgten und sah, dass der zweite Security Check Point tatsächlich in Betrieb war. Es folgte das obligatorische Urlaubsbierchen und noch zwei Zigaretten im Raucherkabuff, dann stellte ich mich bei der zweiten Security Kontrolle an. Nachdem ich diese problemlos passiert hatte, begann die Warterei für das Boarden. Dann kam eine Durchsage, dass sich alles etwas verspätet, da eine Batterie getauscht werden musste. Bei so was wird es mir ja immer bissl anders
Da ist man irgendwie hin und her gerissen. Einerseits wird einem richtig bewusst, dass es ein Haufen Metall ist, der einen da durch die Luft transportiert und dass da so viele Teilchen funktionieren müssen, dass es für mich schon an ein Wunder grenzt, dass es überhaupt geht. Andererseits ist man froh, dass der Defekt rechtzeitig entdeckt wurde und es nährt die Hoffnung, dass immer gründlich kontrolliert wird.
In den letzten Tagen hatte ich über meinen SkyMiles Account schon beobachtet, wie sich der Vogel immer weiter füllte. Leider war dies tatsächlich so, er war fast komplett ausgebucht.
Ich hatte mal wieder den "Schwarzen Peter" gezogen: Vor mir saß der notorische Rückenlehnezurücksteller, der zudem nicht zu den Leichtgewichten gehörte, sodass die Lehne noch weiter nach hinten sank
Sein schütteres Haupthaar kam mir bedenklich nahe, sobald er sich in seinem Sitz räkelte.
Ganz toller Anblick.
Ich hatte natürlich wieder einen Gangplatz in einer Dreierreihe reserviert. Der andere Gangplatz war auch schnell belegt, ein Kerl wie ein Schrank. Seine Schultern ragten weit über die Lehne hinaus. Na hoffentlich würde der mittlere Platz frei bleiben. Denkste! Der Typ war genau das gleiche Kaliber und ich hing während der nächsten Stunden so schräg in meinem Sitz, dass ich mir schon überlegte, ob ich der Stewardess Bescheid sage, dass ich unmittelbar nach der Landung nen Physiotherapeuten brauche.
Die Zeit ging irgendwie rum. "Chicken or Pasta", "duty free", der Kampf mit den Zetteln, mal bissl rumlaufen, lesen. und gegen 16 Uhr kletterte ich in Atlanta aus dem Flieger und sortierte erstmal meine Wirbel, damit ich nicht verkrümmt wie Quasimodo an der Immigration ankam.
Dort war einiges los, aber nicht so voll wie letztes Jahr. Dafür dauerte es am Gepäckband, und am Zollschalter wartete ne lange Schlange. Nachdem ich den Trolley für den Anschlussflug wieder aufgegeben und durch die Security durch war, blickte ich erstmal auf den Boarding Pass für den Weiterflug, um nach dem ausgewiesenen Gate zu schauen und diese Info mit denen auf den Anzeigetafeln zu vergleichen. Große Überraschung: Zum ersten Mal musste ich nicht den Concourse wechseln.
Zur Vorsicht wanderte ich erstmal an das entsprechende Gate, um zu schauen, ob der Flug auch wirklich dort angezeigt war. In Atlanta scheint dies wohl manchmal nicht so ganz stimmig zu sein bzw. wird wohl auch gern mal kurzfristig geändert.
Der Weiterflug war pünktlich und unspektakulär. Kurz vor Las Vegas gab es ein paar Turbulenzen, aber das ist ja nix Neues, das kennen wir ja schließlich alles schon. Ist ja immer so.
Das Lichtermeer von Las Vegas tauchte in der Dunkelheit auf und das Flugzeug begann spürbar den Sinkflug. Die einzelnen Casinos kristallisierten sich aus den Lichtern heraus und wurden immer deutlicher erkennbar. Gleich würde es das "Rums" geben, wenn die Räder den Boden berührten.
Mir ging so durch den Kopf, wie unangenehm es sein muss, wenn der Pilot in solchen Momenten noch mal durchstartet. Vor ein paar Tagen war dies Gerd in Denver so gegangen. nein, das muss man, glaub, wirklich nicht erleben.
Ich hatte noch nicht fertig gedacht, als unser Flugzeug heftig zu Schaukeln anfing
Es kippte ständig nach rechts und links und die Leute schrien auf
Ich wollte gerade denken "wenn der Pilot nicht bald was macht, dann verlieren wir das Gleichgewicht", da gab er Gas und zog die Maschine wieder nach oben. Ich kann es gar nicht beschreiben, wie sich das anfühlt, was einem durch den Kopf geht. Ich müsste schreiben "das muss man mal selbst erlebt haben" aber ich wünsche dies niemandem!
Wir drehten eine große Runde über Las Vegas, aber sobald der Pilot versuchte, wieder in den Landeanflug zu gehen, begann das Flugzeug erneut zu kippeln. Der Pilot zog es wieder nach oben, zum Glück nicht so drastisch wie vorher, denn bei diesem zweiten Versuch waren wir ja noch gar nicht so weit unten.
Langsam begann ich zu überlegen, wie ich vorgehen sollte, wenn der Flug nun nach LA oder Phoenix umgeleitet wird.
Aber beim dritten Anlauf klappte es dann und der Pilot setzte die Maschine zwar hart, aber ohne weitere Komplikationen auf dem Rollfeld auf. Zum ersten Mal während meiner ganzen USA-Flüge klatschten die Passagiere und irgendwie war das auch angebracht. Der Pilot hatte einen verdammt guten Job gemacht. Durch den Lautsprecher begrüßte man uns in Las Vegas und die Crew bedankte sich, dass wir diese Landung mit ihnen gemacht haben. Beim Aussteigen stand der Pilot breit grinsend neben der Tür. Ich hätte ihm am liebsten die Hände geküsst.
Am Baggage Claim ging ich erstmal vorbei und durch die Tür nach draußen. Huch, es war empfindlich frisch, gar nicht so, wie ich erwartet hatte. Die Zigarette schmeckte natürlich trotzdem. Wieder zurück am Baggage Claim musste ich noch ein Weilchen warten, denn mein Trolley kam sehr spät. Dafür hatte ich aber am Taxistand dieses Jahr überhaupt keine Wartezeit.
Im Bill's angekommen, informierte mich das Mädel an der Rezeption, dass sie überbucht waren. Ich starrte sie an, als würde sie Urdu sprechen
Doch sie versicherte mir sogleich, man hätte mich dafür nach nebenan ins Flamingo gebucht, dort würde ich einen "go room" für den gleichen Preis bekommen. Hmmmm. ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder ärgern soll. Von den "go rooms" hatte ich in Reiseberichten schon viel Positives gelesen, war natürlich schön, so ein nettes Zimmer für kleines Geld zu bekommen. Andererseits hatte ich mich für das Bill's entschieden, da hier die Wege einfach kürzer sind.
Aber ich hatte ja eh keine Wahl, also brauchte ich gar nicht erst abzuwägen.
Die Angestellte begleitete mich zur Ausgangstür, damit ich den Weg auch sicher finde (hätte ich natürlich auch allein gefunden). In einem ordentlichen Tempo rauschte sie durch das Casino und ich mit meinem großen und kleinen Trolley hinterher. Ein Japaner, der beim Vorwärtslaufen nach hinten blickte, stolperte über den einen Trolley und bot einen komischen Anblick, als er mit rudernden Armen versuchte, sich auf den Beinen zu halten
Der Check-in im Flamingo ging fix und bald war ich in meinem wirklich schönen Zimmer im 17. Stock. Das große Glasfenster reichte von der Decke bis zum Boden - wieso ich immer einen Sicherheitsabstand hielt. Aber der Blick war wirklich toll.